Beautytips in einer Frauenzeitschrift...

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Ich lese gerade in einer Frauenzeitschrift "Fühlen Sie sich matt? Wiegen Sie ein paar Kilos zuviel? Wollen Sie mal wieder einen Typen abkriegen? Wird Ihnen schlecht, wenn Sie sich im Spiegel betrachten? - Wenn Sie auch nur eine dieser Fragen mit einem Ja beantworten, dann wird es höchste Zeit, jetzt mal was für sich zu tun!"
Ja, denke ich, ich tue jetzt was für mich. Ich fühle richtigen Elan in mir hochsteigen und bin schon gespannt auf die Anregungen: "Als erstes kaufen Sie sich einen schönen Jogginganzug, dann wird den Fettzellen zu Leibe gerückt! Das ist gar nicht so schwer, wie Sie jetzt vielleicht denken werden. Sie beginnen ganz langsam, das wichtigste ist ja, daß es Ihnen auch Spaß macht!" Sport und Spaß passen nicht zusammen... Wie soll ich Spaß daran haben, wenn ich keuchend und fast kotzend einen Hügel hochlaufe, mein Gesicht rot anläuft und ich nach drei Minuten platt auf der Wiese liege, mich von Hunden beschnüffeln lassen muß? Und diese Aerobic-Kurse mache ich nie wieder! Damals, als eine Freundin mich dazu überredete, bin ich in der ersten Stunde umgekippt. Also, erstmal waren da nur so Frauen, die eh schon viel Sport treiben. Das fand ich ziemlich ungerecht, daß die nicht in den Fortgeschrittenenkurs gegangen sind, aber wahrscheinlich wollten die zeigen, wie gut die sind. Ich stand da also in meinem Fitnessdress und habe den Verrenkungen zugesehen, habe sofort eine Weigerung in mir verspürt, diese komischen Bewegungen nachzumachen.

Die Trainerin kam dann zu mir angesprungen, hat mir auf meinen Arsch gehauen und meinte "Zuviel, muß weg!"
Ich sprang unauffällig nach hinten in die letzte Reihe.
Dann sollten wir uns bücken, bis die Handflächen den Boden berühren, und während alle anderen schon wieder munter herumsprangen, kam ich nicht hoch.
Ich kam einfach nicht hoch, und die Trainerin kam wieder angesprungen und verdonnerte mich zu Liegestützen. Mann, diese Dinger habe ich schon immer gehaßt! Ich versuchte eine Liegestütze und blieb einfach auf dem Boden liegen. Meine Arme knickten einfach weg, was sollte ich tun?
Als die dann anfingen, ihre Köpfe hin- und herzuschmeißen, habe ich mich (ja, ich bin feige, gebe ich zu) rausgeschlichen und diesen widerlichen Fitnessdress ausgezogen. Und mir geschworen, daß ich so ein Ding nie wieder anziehe... Ich habe es auch schon mit Inlineskaten versucht, aber das kann ziemlich gefährlich sein in einer Großstadt. Ich fuhr ziemlich schnell die Straße entlang und sah, daß da eine Bahn auf mich zukam, und da fiel mir ein, daß ich gar nicht bremsen konnte. Ich habe überlegt, wo ich mich am besten hinfallen lasse, und zum Glück waren da ein paar Weight-Watchers-Menschen, und in die habe ich mich dann reinfallen lassen. Ich habe es auch mal mit Schwimmen probiert, bin morgens früh losgetigert zum Hallenbad und war so gerade die zweite Bahn am durchziehen, als der Club der Senioren rein kam, und da war es dann natürlich aus mit der Ruhe. Die kraulten wie die Weltmeister hin und her, und zwischendurch hatte ich dann einen mit einer Taucherbrille, der mir ständig hinterherschwamm.

Also, ich habe ja wohl genug an Sport ausprobiert, um sagen zu können, daß Sport nichts, aber auch rein gar nichts mit Spaß zu tun hat!
Ich lese weiter, vielleicht kommen da ja noch Sachen, die ich tun könnte: "Dann gehen Sie mal ganz bewußt in den Supermarkt und kaufen ganz viel Obst und Gemüse. Daraus machen wir uns dann einen leckeren, kalorienlosen Salat. Süßigkeiten sind natürlich tabu, genau so wie Brot, Kartoffeln, Nudeln, Hustenbonbons, Cola, Alkohol, Rauchen, Schlemmerjoghurts, usw."
Mann, was bleibt denn da noch übrig??? Aber gut, ich probiere das aus. Ich gehe in den Supermarkt und öffne meine Augen ganz bewußt. Ich gucke mir jede Kiwi an, jede Banane, untersuche die Tomaten, und ich entdecke überall etwas, das mir nicht gefällt. Die Kiwis fühlen sich zu hart an, die Bananen sind noch grün, die Tomaten sehen so manipuliert aus. Ist doch sowieso viel zu anstrengend, dieses Frischzeug! Das muß man ja noch waschen und schnibbeln. Da nehme ich mir doch viel lieber ganz bewußt einen Frostabeutel gemischtes Gemüse. Ich will mir Wasser kaufen, Cola ist schließlich verboten. Ich kann mich nicht entscheiden, da sind an die zwanzig verschiedenen Wassersorten, und so lese ich mir also die Aufdrucke durch. Jetzt weiß ich nicht mehr, was schlecht war, wenn da mehr Calium drin ist oder wenig? Ach, ich kann mir ja auch eine Cola light kaufen, die ist nur halb so ungesund. Ich mache es auf die langsame Tour, haben die ja extra geschrieben, daß man ganz langsam vorgehen soll.
Dann denke ich mir, daß ich wenigstens Weißwein kaufe. Ich glaube, der hat doch weniger Kalorien als Bier, oder?

Ich hole noch einen Naturjoghurt mit Bananenkrispies und habe ein richtig gutes Gewissen, als ich mein gesundes Zeug an der Kasse zahle.
Als ich zu Hause bin, lese ich weiter: "So, jetzt sind Sie schon einen großen Schritt weiter! Jetzt geht es um den Körper an sich. Gibt es Stellen, die Sie stören? (Ja, denke ich, ich mag meine Füße nicht)
Wenn ja, dann gucken Sie sich jetzt mal die Stellen genau an.
Na, so schlecht sehen die doch gar nicht aus, oder? (Hm, kann keine Veränderung an meinen Füßen entdecken) Nehmen Sie ein schönes heißes Bad und machen Sie sich eine Gurkenmaske, die entschlackt die Poren und macht Sie schöner!"
Ich bade. Mir wird schlecht von der Hitze. Oder von diesem Badeöl. Länger als zehn Minuten halte ich es nicht aus und lege mich ins Bett. Ach ja, die Maske. Ich gucke in den Kühlschrank. Habe nur Kräuterquark, keine Gurken, dafür nehme ich dann ein bißchen von dem Frostagemüse.
Ich schmiere mir den Kräuterquark ins Gesicht und lege eine Erbse auf die Stirn, eine Möhre auf die Nase und ein Spargelstück auf das Kinn. So, jetzt muß ich an was schönes denken. Ich denke an geile Typen, die mich gleich morgen anquatschen werden, weil ich ja jetzt ganz anders bin, viel schöner sein werde, usw. Ich schlafe ein.
Als ich aufwache, ist es zwei Uhr nachts. Ich überlege kurz, wovon ich aufgewacht bin, aber da ziept es schon in meinem Gesicht, und ich denke im ersten Moment, daß es eine Mücke ist und haue mich selbst. Meine Hand bleibt auf einer merkwürdigen Masse kleben.

Ich gehe ins Bad, die Hand an meiner rechten Wange und sehe, daß ich den Kräuterquark noch im Gesicht habe.
Vorfreudig wasche ich mir mit der linken Hand den Quark ab, das Gemüse liegt wahrscheinlich in meinem Bett herum. Ich freue mich schon richtig darauf, entschlackte Poren zu sehen. Meine rechte Hand ist wieder beweglich, toll.
Ich spüre auch gleich, wie meine rechte Hand viel gesünder aussieht. Ich gucke in den Spiegel und sehe: rote Pusteln überall, zwischendurch ganz weiße Flecken, das müssen die Erbse, die Möhre und der Spargel gewesen sein.
Mist, hätten die ja auch mal hinschreiben können, daß für empfindliche Menschen, die zu Allergien neigen, die Gesichtsmasken genau die gegenläufigen Folgen haben können. Oder ich gehöre mal wieder zu den 0,0009% der Gesamtbevölkerung, die ganz neue Nebenwirkungen haben.
Zum Glück ist Wochenende, ich muß nicht arbeiten, und bis Montag sehe ich hoffentlich wieder genau so (weder schön noch häßlich, sondern wie ich) aus wie vor dieser Zeitschrift.
Ich werde ganz bestimmt nie wieder eine dieser Frauenzeitschriften lesen, geschweige denn diese Beautytips ernst nehmen.
Hier könnte eigentlich Ende sein, aber wie das Leben so will, gehört noch ein kleines Anekdötchen dazu: Am nächsten Tag liegt eine Frauenzeitschrift in meinem Briefkasten, und ich erfahre per Zufall, daß meine Schwester mir dieses Jahr zu Weihnachten ein Abo schenkt, ein Jahresabo!

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